Für wen opferst Du Dich?
Auch eine zweite Figur in dieser Ausstellung ist als Christus zu deuten. Sie ist allgemeiner gehalten, weil sie eben nicht das
Abbild unserer gängigen Vorstellung ist. Dieser Christus ist eine individuelle Deutung des Künstlers: Die auf dem Standkreuz
montierte Kinderfigur wird durch die Art der Anbringung dem Betrachter demonstrativ zur Schau gestellt und spielt
damit auf die Zurschaustellung Jesus vor Pilatus, das „Ecce homo-Motiv“ an. Die „persönliche“ Christusfigur stellt ein
verwundetes Kind, ein hilfloses Kind dar. Wer genauer hinschaut sieht die Spalte, die im Kopf klafft. Hartes Holz hat
der Künstler bearbeitet und den Riss aussagekräftig integriert. Hier zeigt sich, wie Eder es schafft, mithilfe bewusster
Materialauswahl und der fulminanten Ausarbeitung Facetten aufzuzeigen und zu integrieren. So bietet er eine neue
Interpretation des bekannten Motivs. Das Kind weist uns darauf hin, „dass das Thema nicht rein geschichtlich zu sehen
ist“ (Eder). Die Werte, für die diese Aufopferung geschah, sind immer noch aktuell - genauso wie das Einstehen für
Werte überhaupt. Liest man die Figur nicht religiös, sondern lässt die Ausdrucksstärke des Bildes sprechen, fragt uns
die Kinderfigur nach dem Sinn des aktuellen Mordens, Töten, in Kauf nehmen von Gewalt auf der Welt...